Grundlagen

Die Macht der Produktpolitik: Strategisches Herzstück im Marketing-Mix.

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Die Produktpolitik – mehr als nur das „Was“.

In der Welt des Marketings steht oft das „Wie“ im Rampenlicht: Wie spreche ich Kund:innen an? Wie distribuiere ich meine Leistungen? Wie bestimme ich den Preis? Doch all diese Fragen verblassen, wenn die zentrale Frage unbeantwortet bleibt: Was biete ich eigentlich an? Genau hier setzt die Produktpolitik als strategisches Fundament des Marketing-Mix an. Sie ist der Architekt des Leistungsangebots und entscheidet darüber, ob und wie ein Unternehmen am Markt bestehen kann.

Die Produktpolitik ist mehr als die Entscheidung über das Produkt selbst – sie ist der konzeptionelle Rahmen, in dem Innovation, Qualität, Sortiment und Design orchestriert werden. Ihre Tragweite ist tiefgreifend: Wer hier schwächelt, verliert nicht nur Kund:innen, sondern seine Daseinsberechtigung im Wettbewerb.

Begriff und Bedeutung: Die DNA des Marketings.

Produktpolitik umfasst alle strategischen und operativen Entscheidungen rund um die Gestaltung des Produkt- und Leistungsprogramms eines Unternehmens. Laut Bruhn (2022) beinhaltet sie die „marktgerechte Gestaltung bestehender und zukünftiger Produkte zur Befriedigung der Kundenbedürfnisse und zur Erreichung der Unternehmensziele“ (vgl. Bruhn, M. (2022): Marketing. Grundlagen für Studium und Praxis, 6. Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler).

Ziel ist die Entwicklung eines attraktiven Angebotsportfolios, das nicht nur verkauft, sondern begeistert. Dabei stehen Aspekte wie Produktqualität, Design, Markenführung, Serviceleistungen und Innovationsfähigkeit im Vordergrund. Die Produktpolitik ist somit der strategische Nukleus des Marketing-Mix – denn ohne überzeugendes Produkt sind Preis, Kommunikation und Distribution nur schöne Verpackungen ohne Inhalt.

Produktdimensionen: Mehrschichtigkeit mit Wirkung.

Ein Produkt ist kein eindimensionales Gut, sondern ein vielschichtiges Leistungsbündel. Kotler et al. (2019) differenzieren zwischen dem Kernprodukt, dem reellen Produkt und dem erweiterten Produkt (vgl. Kotler, P.; Keller, K. L.; Bliemel, F. (2019): Marketing-Management, 15. Aufl., München: Pearson Studium).

  • Kernprodukt: Der funktionale Nutzen, das Grundbedürfnis (z. B. Fortbewegung).
  • Reelles Produkt: Gestaltung, Qualität, Marke (z. B. Design eines E-Bikes).
  • Erweitertes Produkt: Service, Garantie, Zusatznutzen (z. B. Wartungspaket).

Erfolgreiche Produktpolitik erkennt diese Ebenen – und nutzt sie gezielt. Denn der Unterschied zwischen austauschbarem Gut und begehrtem Markenprodukt liegt oft im erweiterten Angebot. Oder wie es Apple demonstriert: Nicht das Smartphone verkauft sich, sondern das Erlebnis.

Programmpolitik: Tiefgang oder Vielfalt?

Ein weiterer zentraler Bestandteil der Produktpolitik ist die Programmpolitik. Sie beantwortet Fragen zur Sortimentsbreite und -tiefe: Bietet das Unternehmen viele Produktlinien (Breite) oder zahlreiche Varianten innerhalb einer Linie (Tiefe)?

Ein plakatives Beispiel liefert die Automobilindustrie: BMW bietet eine breite Palette – von Kompaktklasse bis Luxuslimousine – und innerhalb dieser Modelle zahlreiche Varianten in Ausstattung und Motorisierung. Laut Meffert et al. (2021) ist die Programmpolitik ein Schlüssel zur Marktabdeckung und Segmentierung (vgl. Meffert, H.; Burmann, C.; Kirchgeorg, M. (2021): Marketing, 14. Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler).

Eine geschickte Programmpolitik erlaubt nicht nur die Erschließung neuer Zielgruppen, sondern stärkt auch die Kundenbindung durch gezielte Produktdifferenzierung. Kurz gesagt: Vielfalt schafft Vertrauen – und Verkaufschancen.

Innovationspolitik: Das Morgen denken!

Stillstand ist Rückschritt – besonders im Produktmanagement. Innovationspolitik ist daher keine Kür, sondern Pflicht. Unternehmen müssen kontinuierlich neue Produkte entwickeln, bestehende überarbeiten oder veraltete eliminieren.

Die Innovationsquote – also der Anteil neuer Produkte am Gesamtumsatz – gilt in vielen Branchen als Messlatte für Zukunftsfähigkeit. Laut Becker (2020) ist eine systematische Innovationspolitik essenziell, um nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu sichern (vgl. Becker, J. (2020): Marketingkonzeption, 12. Aufl., München: Vahlen).

Besonders in gesättigten Märkten sind innovative Angebote oft die einzige Möglichkeit zur Differenzierung. Oder wie Henry Ford sinngemäß sagte: „Wenn ich die Leute gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.“ Gute Produktpolitik denkt voraus – und manchmal auch quer.

Markenpolitik: Identität statt Anonymität!

In Zeiten von Informationsflut und Produktauswahl ohne Ende ist es die Marke, die Orientierung stiftet. Die Markenpolitik ist ein integraler Bestandteil der Produktpolitik – sie verleiht dem Produkt ein Gesicht, eine Geschichte und eine Identität.

Eine starke Marke schafft Vertrauen, reduziert wahrgenommene Kaufrisiken und steigert die Zahlungsbereitschaft. Sie ist mehr als ein Logo: Sie ist ein emotionales Versprechen. Laut Esch (2020) ist „Markenführung ein zentraler Erfolgsfaktor für die Wahrnehmung, Präferenz und Loyalität gegenüber Produkten“ (vgl. Esch, F.-R. (2020): Strategie und Technik der Markenführung, 10. Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler).

Ob Nivea, Lego oder Ritter Sport – erfolgreiche Marken verkörpern Werte, nicht nur Produkte. Und genau das ist der Unterschied zwischen Regalware und Kultobjekt.

Produktlebenszyklus: Von der Wiege bis zur Rampe.

Jedes Produkt durchläuft einen Lebenszyklus: Einführung, Wachstum, Reife, Sättigung, Degeneration. Die Produktpolitik muss in jeder Phase andere Maßnahmen ergreifen – von massiver Bewerbung in der Einführungsphase bis zur Portfolio-Bereinigung in der Degenerationsphase.

Ein gutes Beispiel liefert der Markt für DVDs: Von der Innovation zur Marktsättigung bis zur Ablösung durch Streamingdienste. Nur wer den Lebenszyklus seines Angebots kennt und antizipiert, kann rechtzeitig gegensteuern.

Vgl. Kirsch, W. (2022): Produktpolitik – Grundlagen und Strategien im Produktmanagement, 2. Aufl., Berlin: De Gruyter Oldenbourg.

Fazit: Produktpolitik als strategisches Machtzentrum.

Produktpolitik ist kein Randthema – sie ist das Epizentrum unternehmerischer Wertschöpfung. Wer die Mechanismen der Produktgestaltung, -differenzierung und -innovation nicht beherrscht, verliert den Zugang zum Markt – oder schlimmer noch: zur Relevanz.

Sie ist die Kunst, ein Leistungsversprechen nicht nur zu definieren, sondern erlebbar zu machen. Und sie ist die Disziplin, in der betriebswirtschaftlicher Pragmatismus auf kreatives Denken trifft. Kurz gesagt: Wer Produktpolitik ignoriert, kann sich das restliche Marketing sparen – oder zumindest gleich als Kunstprojekt deklarieren.

Literaturverzeichnis

  • Becker, J. (2020): Marketingkonzeption. 12. Aufl., München: Vahlen.
  • Bruhn, M. (2022): Marketing. Grundlagen für Studium und Praxis. 6. Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler.
  • Esch, F.-R. (2020): Strategie und Technik der Markenführung. 10. Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler.
  • Kirsch, W. (2022): Produktpolitik – Grundlagen und Strategien im Produktmanagement. 2. Aufl., Berlin: De Gruyter Oldenbourg.
  • Kotler, P.; Keller, K. L.; Bliemel, F. (2019): Marketing-Management. 15. Aufl., München: Pearson Studium.
  • Meffert, H.; Burmann, C.; Kirchgeorg, M. (2021): Marketing. 14. Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler.
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